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Start-up auf dem Großmarkt: Gegen Lebensmittelverschwendung

Er hat gerade einmal einen Durchmesser von 5,5 Zentimetern. Seine Oberfläche trägt eine dicke Narbe. Die eine Hälfte ist knallorange, die andere zartgelb: Ein Bio-Kürbis aus der Region von München. Sein einziger Wunsch: Menschen mit seinem saftigen Geschmack glücklich machen. Doch aufgrund zahlreicher EU-Normen und einem pingeligen Großhandel wird er es nie in einen Supermarkt schaffen. Der Grund: zu klein, zu vernarbt, zu wenig orange. Seine einzige Alternative: Kompost oder Tierfutter. Dabei schmeckt er doch genauso gut wie seine großen Kameraden. So wie dem kleinen Kürbis ergeht es jährlich 20 bis 50 Prozent der Ernte.

Eine Verschwendung dachten sich die drei Münchner Georg Lindermair, Carsten Wille und Christopher Hallhuber und gründeten 2014 das Start-up Etepetete. Etepetete sind sie allerdings gar nicht, wenn es um krumme Gurken, knubbelige Kartoffeln oder dreibeinige Möhren geht. Ganz im Gegenteil: Die 28-Jährigen sehen sich als Gemüseretter. Sie kaufen das Gemüse mit Schönheitsfehlern direkt bei Bio-Erzeugern ein, verpacken es in nachhaltige Kisten und versenden das frische und mindestens genauso schmackhafte Obst und Gemüse über ihren Online-Shop an umweltbewusste Kunden – ganz nach dem Motto: schlau, frisch, anders.

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Die Geschäftsidee kam den Schulfreunden auf einer Irlandreise. Sie waren gerade mit der Ausbildung fertig, wollten ihr eigener Boss sein und etwas nachhaltig bewegen – „Wir wollten etwas machen, das der Umwelt zu Gute kommt“, sagt Georg Lindermair. Alle drei lieben gutes Essen und stellen sich gerne selbst in die Küche. Mit krummem Gemüse allerdings hatten sie vorher noch nie zu tun. Abgesehen von den Gemüsebauern hat das vor 2014 kaum jemand. Das Angebot ist riesig, Abnehmer gibt es wenige. In den vergangenen drei Jahren hat das Start-up ein deutschlandweites Netzwerk aufgebaut. Lindermair: „Wir handeln mit Ware, die für den Einzelhandel aufgrund von Größen-, Form- oder Farbabweichungen nicht mehr interessant ist. Dabei handelt es sich um qualitativ hochwertige Bio-Ware, der es an Inhaltsstoffen und Geschmack nicht mangelt.“ Oft sind die Schönheitsfehler wetterabhängig: Zu kalter, trockener Boden kann Risse in der Schale verursachen. Manchmal sind aber auch einfach nur Steine im Weg, die zu Knubbeln oder Verwachsungen führen und dadurch Ware unbrauchbar für den Großhandel machen. Es geht aber noch absurder: Gemüse und Obst, das zu groß oder zu klein gewachsen ist, wird nach EU-Norm ebenfalls aussortiert.

Mehr als 250.000 Gemüse-Boxen hat Etepetete bereits gerettet und versendet – Nachfrage steigend. Wo anfangs die Gründer selbst gepackt haben, steht heute ein 40-köpfiges Team. Nicht nur personell hat sich das junge Unternehmen vergrößert. So war es naheliegend, dass sie vor rund einem Monat auf den Großmarkt umgezogen sind. „Nicht nur die räumlichen Gegebenheiten mit den unterschiedlichen Kühlzonen sind ideal: Der Großmarkt bietet kurze Wege und ein großes Netzwerk an Erzeugern, Lieferanten und Spediteuren. Aufgrund der zentralen Lage in München findet sich außerdem schnell gutes Personal“, erläutert Lindermair. „Die langjährige Tradition des Großmarktes sowie die gewachsene Gemeinschaft ist beeindruckend – das muss noch lange in der Zukunft bewahrt werden.“

Fotos: © Etepetete

1 Kommentar zu “Start-up auf dem Großmarkt: Gegen Lebensmittelverschwendung

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