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Mitten im Trubel bei Julia

„Hmm, ganz schön sauer! So etwas habe ich bis jetzt noch nicht gegessen“, staunt die ältere, aufgeschlossene Dame, während sie mit gespitzten Lippen in eine kleine hellorangefarbene Kumquat beißt. Auch beim Boskop-Apfel staunt sie nicht schlecht, als Luljeta Spahiu ihn ihr zeigt. „Der ist ja riesig!“

Am Stand von Luljeta Spahiu darf der Kunde probieren, nachfragen und vorsichtig anfassen. Die freundliche Händlerin aus dem Kosovo arbeitet seit drei Jahren auf dem Viktualienmarkt und verkauft an ihrem Stand „bei Julia“, dessen Name angelehnt ist an ihren eingedeutschten Vornamen, frisches Obst und Gemüse. Tagsüber stemmt sie den Stand alleine, Hilfe hat sie morgens und abends beim Aufbau und für den Einkauf. Ihre Produkte kommen von den Münchner Gärtnern und vom Großmarkt. Jeden Tag fährt ihr Mann Besim Spahiu um 4 Uhr zur Großmarkthalle in Sendling, um den Stand mit frischer Ware zu versorgen. Seit sein Vater diese täglichen Einkäufe nicht mehr erledigen kann, hat er diese Aufgabe übernommen. Die Produkte, die er am Großmarkt kauft, sind überwiegend saisonal. Besim Spahius Zeitfenster am Großmarkt ist allerdings sehr klein: Bereits um 6 Uhr muss er alles eingekauft haben, damit er pünktlich zu seiner Arbeit in der Bank kommt.

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„Haben Sie noch die leckeren, besonderen Orangen da, die Sie letztens angeboten haben“, fragt eine junge Frau. „Leider nur noch drei Stück“, antwortet Luljeta Spahiu. „Alles klar, dann nehme ich die mit, ich komme ja wieder“, entgegnet die nette Dame.

Stammkunden sind die Hauptkundschaft von Luljeta Spahiu. Zwar sieht sie von ihrem Stand auf den Biergarten, in dem einige Passanten gemütlich sitzen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen. Dennoch ist sie in der zweiten Reihe etwas versteckt für die große Masse. „Touristen kommen hier nicht so oft vorbei. Wir leben von Stammkunden. Wenn ein Stand gute Ware anbietet, sauber und preiswert ist und eine nette Verkäuferin bietet, dann haben die Kunden auch keinen Grund, wegzugehen“, erklärt die Händlerin.

„Sie sind der Obst- und Gemüsestand meines Vertrauens“, lobt ein älterer Herr schmunzelnd, während er eine süße Honigclementine probiert.

Luljeta Spahiu hat eine Leidenschaft für Obst und Gemüse, sie ist mit diesen Produkten aufgewachsen. Entsprechend kocht sie auch gerne. „Ich habe früher zweimal täglich gekocht. Da ich dafür mittlerweile keine Zeit mehr habe, kocht jetzt mein Mann für uns.“ Hin und wieder bekommt sie auf dem Viktualienmarkt Unterstützung von ihrem 17-jährigen Sohn. „Er hilft mir manchmal im Verkauf. Es macht ihm Spaß, vor allem samstags, wenn viel los ist.“ Luljeta Spahiu hat noch zwei weitere Kinder. Die älteste Tochter ist vor eineinhalb Jahren Mutter geworden. Die Rolle der jungen Oma gefällt Luljeta Spahiu sehr gut. „Anfangs dachte ich: oje, so früh schon Oma! Aber es ist wirklich wunderschön, einen Enkel zu haben“, schwärmt die 45-Jährige.

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Die leidenschaftliche Händlerin hat ein großes Herz für Kinder. Ihre Eigenen wollte sie aufwachsen sehen und viel Zeit mit ihnen verbringen. Das ließ sich super mit der Teilzeitarbeit am Stand ihres Schwiegervaters verbinden. Während ihre Kinder in der Schule und im Kindergarten waren, half sie am Viktualienmarkt aus. Der Stand der Prager GmbH hat Tradition am Münchner Viktualienmarkt: Am 21. Dezember 2017 hat er seinen 30 Geburtstag gefeiert. „Mein Schwiegervater hat mich für meine Arbeit gelobt und war sehr stolz auf mich. Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich seinen Stand übernehmen möchte.“ Seit 2014 ist Julia Spahiu Geschäftsführerin und hat dem Stand ihren Namen gegeben. Es macht ihr immer noch großen Spaß, an der frischen Luft am Viktualienmarkt zu arbeiten, manchmal braucht sie aber auch starke Nerven. „Im Winter ist es hier hart, die Kälte setzt einem schon zu. Dafür ist es im Sommer und Herbst umso schöner! Ich arbeite hier am Herzen von München.“

„Kommt noch was dazu“, fragt Luljeta Spahiu, während sie einen großen Salat zu den Auberginen in die Tüte packt. „Nein danke, das war´s für heute“, erwidert der Herr. „Bis zum nächsten Mal!“

 

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